Gebühren

Gebühren und Kosten: Nichts ist umsonst, selbst der Tod kostet das Leben, sagt ein geflügeltes Wort. Dieser Grundsatz gilt auch für die Tätigkeit von Rechtsanwälten.

Über die Kosten rechtlicher Vertretung vor Gericht oder eine Beratung schwirren recht viele Gerüchte umher, teilweise gibt es gar recht abenteuerliche Vorstellungen von den Kosten, die für Rechtsanwälte aufgewendet werden müssen. Auf jeden Fall zählen die Kosten zu den Themen, die den Rechtssuchenden gerade zu Anfang besonders interessieren; schliesslich will man möglichst eine Vorstellung davon haben, was auf einen zukommen kann.  Und noch eines ist sicher: Die Kosten sind oft bedeutend niedriger, als sich Rechtssuchende das ausmalen. Die Kostenrechnungen sind ausserdem einfacher zu verstehen, als jede Nebenkostenabrechnung.

Daher will ich einmal versuchen, mit einer möglichst knappen und überschaubaren Darstellung ein wenig Licht in die Angelegenheit zu bringen. Man kann vorwegschicken, dass das Gebührenrecht der Rechtsanwälte im Vergleich zu den Abrechnungsmodalitäten eines Autohauses oder eines Bauunternehmens einfach ist. Das liegt an dem Grundsatz, dass Gebührentatbestände, also die „Abrechnungseinheiten“ der Gebührenordnung, als recht grob zu bezeichnen sind. Mit einem Abrechnungstatbestand wird ein grosser Tätigkeitsabschnitt der anwaltlichen Tätigkeit abgegolten. Alle damit einhergehenden Tätigkeiten des Rechtsanwalts, sei es das Verfassen von Schriftstücken, das allgemeine Betreiben der Angelegenheit an sich und beispielsweise die vertiefte Nachprüfung der Rechtslage durch Studium der Kommentarliteratur und der Rechtsprechung sind von der Gebühr erfasst. Doch dazu im einzelnen später mehr. 

Zuerst einmal die Grundsätze der Vergütung der Rechtsanwälte:

1. Die Vergütung der anwaltlichen Tätigkeit richtet sich nach gesetzlichen Regelungen.
2. Die Höhe der Vergütung hängt vom Streitwert ab. Je höher der Streitwert, desto höher die gesetzliche Gebühr.
3. Die Anzahl und der Faktor der Gebühren richtet sich nach dem dem  Rechtsanwalt erteilten Auftrag und den von ihm vorgenommenen Tätigkeiten.
Zu 1:

Die gesetzliche Regelung der Vergütung von Rechtsanwälten heißt „Rechtsanwalts-Vergütungsgesetz“ (RVG). Aus diesem Gesetz lässt sich die Vergütung des Rechtsanwalts für alle denkbaren anwaltlichen Tätigkeiten entnehmen. Eine Ausnahme besteht aber immerhin, die besonderer Erwähnung bedarf:

Die anwaltliche Beratung nämlich ist vom RVG nicht umfasst. Beratung liegt vor, wenn der Rechtsanwalt lediglich schriftlichen oder mündlichen Rat erteilt und das  mit keiner weiteren anwaltlichen Tätigkeit in Verbindung steht. Wendet sich der Rechtsanwalt im Auftrag seines Mandanten aber an einen Dritten oder entwirft er Schriftstücke zur Verwendung durch den Mandanten, so ist die Grenze der Beratung überschritten.

Da es im RVG keine Beratungsgebühren gibt, muss die Vergütung für die anwaltliche Beratung zwischen Rechtsanwalt und Mandant im einzelnen ausgehandelt werden. Geschieht das nicht, so gilt nach § 34 RVG die „übliche Vergütung“. Die Erstberatung eines Verbrauchers darf dann höchstens € 190,- kosten und überhaupt den Betrag von € 250,- nicht übersteigen, ganz gleich, wie hoch der Gegenstandswert  auch sein mag.

Zu 2:

Die Höhe der sich aus einem bestimmten Streitwert ergebenden einzelnen Gebühr kann einer Tabelle entnommen werden, die zum RVG gehört, der sogenannten Gebührentabelle, die sie hier bis zu einem Gegenstandswert. von € 50.000,- anschauen können.

Zu 3:

Man kann am Aufbau der Gebührentabelle bereits erkennen, dass nicht immer genau eine Gebühr zur Berechnung kommt. Die oben bereits erwähnten Gebührentatbestände, die mehr oder weniger weit die gesamte vom Tatbestand umfasste anwaltliche Tätigkeit abgelten, können von 3/10 der vollen Gebühr bis zu 2,5 Gebühren reichen. Kommen dann noch mehrere Gebührentatbestände zusammen, kann es beispielsweise in einer zivilrechtlichen Streitigkeit durchaus vorkommen, dass bis über vier volle Gebühren berechnet werden können. Man sieht aber daran schon, dass die Vergütung des Rechtsanwalts eigentlich einfach aufgebaut ist, denn die Abrechnung eines Werkvertrages oder der Inspektion eines Kraftfahrzeugs wird meist bedeutend mehr Abrechnungspositionen beinhalten.

Der Grund für diese Einfachheit liegt darin, dass die einzelnen Abrechnungspositionen, die in der Sprache des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes „Gebührentatbestände“ genannt werden, sehr pauschal und umfassend die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts abgelten, ganz gleich, ob beispielsweise in einem Fall der Vertretung in einem Zivilprozess  ein Schriftsatz oder deren viele verfasst worden sind, eine oder mehrere Besprechungen mit dem Mandanten stattgefunden haben oder keines, ob ein Termin zur mündlichen Verhandlung wahrgenommen worden sind, oder viele. Die Gebühr ist – bei gleichem Streitwert – in all diesen Fällen gleich.

Um konkret zu werden: Wie sieht diese Abrechnung beispielsweise in einem normalen Zivilprozess aus ?

Verfahrensgebühr – 1,3 Gebühren

Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses des RVG
In einem Zivilprozess steht dem Rechtsanwalt eine sogenannte „Verfahrensgebühr“ zu, die 1,3 der vollen Gebühr ausmacht. Die Verfahrensgebühr umfasst die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts bis hin zur mündlichen Verhandlung, sie entsteht allerdings bereits mit der Entgegennahme der Information. Sie umfasst also die Durchführung der zur Aufklärung notwendigen Besprechungen mit dem Mandanten, die rechtliche Prüfung der Sache und das Anfertigen von Schriftstücken, wie Klageschrift oder Klageerwiderung und darauf noch weiter folgenden Schriftverkehr.

Terminsgebühr – 1,2 Gebühren

Nr. 3104 des Vergütungsverzeichnisses des RVG
Weiter steht dem Rechtsanwalt die Terminsgebühr zu, wenn er im Verlauf der Vertretung seines Mandanten einen Termin zur mündlichen Verhandlung oder Erörterung wahrnimmt und dort den Rechtsstreit entweder verhandelt, also einen prozessleitenden Antrag stellt oder die Sach- oder Rechtslage erörtert. Dabei ist es gleich, wie  lange, schwierig oder nervenaufreibend die Verhandlung oder Erörterung ist. Auch ist es ohne Belang, ob die Verhandlung sich auf einen Termin beschränkt oder sich über einen längeren Zeitraum und viele Termine erstreckt.

Einigungsgebühr – 1,0 Gebühren

Nr. 1000 in Verbindung mit 1004 des Vergütungsverzeichnisses des RVG
Kommt in dem beschriebenen modellhaften Zivilprozess eine Einigung zwischen den Parteien zustande, steht dem Rechtsanwalt eine Einigungsgebühr ihn Höhe von 1,0 (100 %) der vollen Gebühr zu. Unter Einigung wird in diesem Fall ein Vertrag verstanden, durch den der Streit oder die Ungewissheit der streitenden Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.

Angenommen also, der Rechtsanwalt vertritt seinen Mandanten im Zivilprozess, er fertigt die für die Vertretung der Position seines Mandanten geeigneten und erforderlichen Schriftsätze, nimmt die mündliche Verhandlung wahr, in der es zu einer Einigung der streitenden Parteien kommt, so beziffern sich die Gebühren mit

1,3 + 1,2 + 1,0 = 3,5 Gebühren

aus dem gegebenen Streitwert. Mit diesen Grundkenntnissen ausgestattet, sollte es ohne weiteres möglich sein, die in einem Zivilprozess zu erwartenden Kosten des eigenen (und gegebenenfalls auch des gegnerischen) Rechtsanwalts der Grössenordnung nach zu bestimmen. Nimmt man beispielsweise den Streitwert von € 2.500,- an, so würden sich die Gebühren netto folgendermaßen berechnen:

209,30 +  193,20 + 161,00 =  € 563,50

Eine Post- und Portopauschale von € 20,00 oder die Schreib- und Kopierkosten gemäß einem Einzelnachweis wären ebenso hinzuzufügen, wie Reisekosten zu Terminen und die jeweils geltende Mehrwertsteuer.

Ich weise darauf hin, dass diese beispielhafte Berechnung die anwaltliche Vergütung im Zivilprozess nur in Grundzügen darstellt und Fallgestaltungen möglich sind, in denen die Abrechnung von dem obigen Beispiel abweicht. Das ist vor allem beispielsweise in denjenigen Mandaten der Fall, in denen der Rechtsanwalt seinen Mandanten zunächst aussergerichtlich vertritt und die Angelegenheit sich anschliessend zu einem vor Gericht ausgetragenen Rechtsstreit auswächst. In einem solchen Fall sind die für die aussergerichtliche Vertretung entstandenen Gebühren auf die Verfahrensgebühr teilweise anzurechnen. Die Verfahrensgebühr kann sich dadurch auf 0,65 verringern, auf der anderen Seite würden die Gebühren die dem Rechtsanwalt wegen der aussergerichtlichen Vertretung  seines Mandanten zustehen, die Rechnung insgesamt erhöhen.